Drei Schritte zur Entscheidung

Drei Schritte zur Entscheidung

Soll ich die grüne oder die braune Handtasche kaufen? Dies ist eine einfache Frage im Gegensatz zu den wesentlichen Entscheidungen, welche wir in unserem Leben zu treffen haben. Dennoch kann es so weit gehen, dass wir uns vor lauter Hin und Her gar nicht mehr entscheiden können. Wie Du es trotzdem schaffst zu entscheiden, darüber schreibe ich in diesem Blogbeitrag.

Soll ich oder soll ich nicht?

Werner (Name geändert) war einer meiner ersten Online-Kunden und sehr verzweifelt.
Schon länger standen bei ihm Entscheidungen an, doch schob er diese immer wieder hinaus.

Um was es denn gehe, fragte ich mehrmals nach. Werner bemühte sich, es auszusprechen, leicht fiel ihm dies aber nicht: Er möchte gerne umziehen.

Er lebe seit fünf Jahren in einer Wohngemeinschaft (WG), nachdem er eine Lebenskrise durchlebt hatte. In der Zeit der Krise kämpfte er gegen starke Einsamkeitsgefühle und getraute sich nicht, alleine zu leben.

Nun ginge es ihm besser und der Wunsch kam auf, in eine Single-Wohnung zu ziehen. Dies auch, weil er vermehrt Spannungen unter seinen Mitbewohnern wahrnehme, welche er nur schlecht aushalte.

Eigentlich möchte Werner schon seit 2 Jahren umziehen, doch schiebe er die Entscheidung immer vor sich her. Er könne kaum noch an etwas anderes denken und leide unter Schlafproblemen. Er wäge pro und kontra immer wieder aufs Neue ab, doch ein Leben in der eigenen Wohnung traue er sich nicht zu, dies aus mehreren Gründen.

Er habe Angst vor:

  • Überforderung in der Haushaltsführung
  • Einsamkeit
  • Hochkommen schlechter Gefühle
  • Elektrosmog in der neuen Wohnung
  • Finanziellen Engpässen
  • Zwietracht mit den neuen Nachbarn
  • Angst, sich zu überlasten
  • Strassenlärm oder sonstigem Lärm

Werner befürchtet, dass er durch das alleine Wohnen in eine Depression geraten könnte. In der WG aber, wenn schlechte Gefühle aufkommen, sei immer jemand zur Ablenkung da. Das sei auch ein Grund, warum er bis jetzt, fünf Jahre lang, in dieser Vier-Personen-WG geblieben sei.

Die Arbeit mit den Persönlichkeitsteilen

Die Online-Zusammenarbeit mit dem fast 60-jährigen, verzweifelten Mann war direkt, wertschätzend und sehr spannend. Er zeigte grosses Interesse und liess sich immer wieder auf intensive Gespräche ein. Was machte es so spannend? Wir arbeiten mit den Persönlichkeitsteilen.

Werner erzählte mir von einem Bild, das er kürzlich gemalt hatte. Es zeige ihn als Person mit grimmigem Gesichtsausdruck und acht Armen. Jeder Arm sei mit etwas beschäftigt, ohne dass die Arme voneinander wussten.

Dieses gemalte Bild nahmen wir als Grundlage für das Arbeiten mit den Persönlichkeitsteilen.

Anhand seiner inneren Überzeugungen kamen diese acht kritischen Stimmen zum Vorschein:

  • Der pessimistische Persönlichkeitsteil: „Ich werde so oder so falsch entscheiden“.
  • Der kontrollierende Persönlichkeitsteil: „Die neue Wohnung muss perfekt sein, sonst kommt sie nicht infrage“.
  • Der angstvolle Persönlichkeitsteil: „Ich will keine Veränderung, das ist zu bedrohlich“.
  • Der selbst-entwertende Persönlichkeitsteil: „Ich bin ja nicht einmal fähig, eine Entscheidung zu treffen“.
  • Der bequeme Persönlichkeitsteil: „Am besten warte ich mal ab“.
  • Der wütende Persönlichkeitsteil: „Ich will, dass es endlich vorwärtsgeht, sonst raste ich aus“.
  • Ein Kind-Persönlichkeitsteil: „Eigentlich möchte ich ja schon, aber ich weiss nicht wie“.
  • Der erschöpfte Persönlichkeitsteil: „Ich kann mich unmöglich entscheiden, mir fehlt die Kraft dazu“.

Werner war erstaunt über die Methode der inneren Persönlichkeitsteile, das war Neuland für ihn. Er konnte recht schnell Verständnis für sich aufbringen und erkannte die Problematik seiner inneren Konflikte nun viel besser: „Kein Wunder bin ich schon morgens müde und traue mir wenig zu“.

Doch ein wichtiger Persönlichkeitsteil fehlte. Wenn Du bis anhin meine Blogbeiträge gelesen hast, so weisst Du bestimmt, welchen ich meine:

  • Der Erwachsenen-Persönlichkeitsteil

Dieser ist der Hauptteil der gesamten Persönlichkeit. Er ist das Oberhaupt, der Steuermann, der Dirigent, oder wie Du ihn gerne nennen möchtest. Seine Aufgabe ist es, denn Alltag zu managen und zu entscheiden. Ist dieser Erwachsenen-Teil schwach ausgeprägt, so übernehmen andere Persönlichkeitsteile die Führung, was zu Problemen führen kann.

So stärkten wir gemeinsam den Erwachsenen-Persönlichkeitsteil, ohne die anderen Teile ausser Acht zu lassen, denn jeder Persönlichkeitsteil hat seine Berechtigung und will gehört werden. Aber am Schluss entscheidet der Erwachsenen-Teil, wie vorgegangen wird und übernimmt die Führung.

Dies ist eine Kurzfassung vom Fallbeispiel und der Vorgehensweise. Es geht hier vielmehr um das Verständnis der inneren Dynamik, weshalb Konflikte entstehen können, und wie eine Lösungsmöglichkeit aussehen kann.

Die JA/NEIN-Ambivalenz-Übung

Eine sehr schöne Intervention ist das Klopfen der Meridianpunkte. Sage abwechselnd an den Punkten die gegensätzliche Meinung. Bezogen auf dieses Beispiel wäre es der Satz: „Ich bleibe in der WG“ bei einem Punkt, beim nächsten Punkt „Ich ziehe in meine eigene Wohnung“.
Nimm Sätze, welche auf Dein aktuelles Problem bezogen sind, beobachte, experimentiere, passe den Satz neu an, wenn es sich besser anfühlt. Lasse Dir Zeit gehe alle 14 Klopfpunkte mehrmals durch. Nach jedem Durchgang atme tief durch und spüre nach. Dein Blick auf Dich und Deine Situation wird dadurch positiver und realistischer.

Für Werner hat sich seitdem einiges verändert. Mutig zügelte er in eine 3½-Zimmer-Wohnung, in einem ruhigen Wohnquartier. Werner ist glücklich und erleichtert. Die Sorge sich zu überfordern besteht noch, doch die Vorteile überwiegen. Alle oben beschriebenen Ängste haben sich in keiner Weise bewahrheitet. Ich begleitete ihn noch eine kurze Zeit, um gemeinsam einen Wochenplan zu erstellen, um die Haushaltsarbeiten auf die ganze Woche verteilt einzuplanen.

Wie willst Du es haben?

Diese ist eine meiner Lieblingsfragen. Denn jeder von uns hat Träume, Visionen, Ziele und Pläne. Doch vor lauter Angst, Schreckensszenario und Befürchtungen gehen wir sie nicht an.
Lasse nicht zu, dass innere Anteile oder sogar Kind-Anteile das Lenkrad von Deinem Lebensauto übernehmen, sondern lasse ausschliesslich Dein erwachsener, gesunder Anteil Dein Lebensauto fahren.

Steckst Du nach einem schlimmen Erlebnis in einer Zwickmühle?
Dann schaue mal genauer hin:
Was für innere Persönlichkeitsteile zeigen sich? Was wollen sie Dir sagen?
Und was ist mit dem Erwachsenen-Persönlichkeitsteil? Übernimmt er seine Verantwortung?
In dem Wort „Verantwortung“ steckt das Wort Antwort bereits drin.

Hier ist eine wunderbare Methode von Friedemann Schulz von Thun, aus dem Buch: Das „innere Team“:

Schritt 1:
Als Erwachsene bist Du der Boss.

Starke Emotionen wie Angst, Scham, Trauer oder Liebe können zur Folge haben, dass wir uns ohnmächtig fühlen und einen Tunnelblick auf die Situation bekommen. Werde Dir bewusst, dass die Emotionen und damit die unterschiedlichen Teile zu Dir gehören, aber Du der Chef bist.

Schritt 2:
Höre den einzelnen Teilen zu.
Als Erwachsene, resp. Chef ist es Deine Aufgabe, den inneren Teilen (Hr. Schulz von Thun nennt sie Teammitglieder) zuzuhören und wahrzunehmen. Auch diese, welche etwas leiser sind oder sich nicht als Erste melden. Schreibe alle Antworten der einzelnen, sich meldenden Teile auf.

Schritt 3:
Die gemeinsame Konferenz.
Bist Du erstaunt, was da für unterschiedliche Aussagen zusammenkommen? Kannst Du Deine innere Zerrissenheit verstehen? Jeder Teil hat seine Berechtigung und will das Beste für Dich.
Als Chef vom ganzen inneren Team ist es Deine Aufgabe, die inneren Teile miteinander in Einklang zu bringen. Wer könnte mit wem reden, wer wen unterstützen? Manchmal reicht ein bisschen zureden oder einfach nur zuhören.
Meistens klärt sich auf diese Art schon einiges und Du als erwachsene Person kannst nun eine Entscheidung fällen.

Wichtig zu wissen:

  1. Beim nicht entscheiden kann später das Gefühl entstehen, etwas im Leben verpasst zu haben. Falsche Entscheide hingegen sind Lernprozesse.
  2. Frage Dich: Was für Folgen hat der Entscheid in 10 Minuten? In 10 Stunden? In 10 Monaten? In 1 Jahr? In 10 Jahren?
  3. Wenn Du Dich als 90-Jährige vorstellst und auf diesen Moment zurückblickst: Wie würdest Du entscheiden? Entspricht der Entscheid Deinen Zielen und Werten?
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Nimm Deine Verantwortung in die eigene Hand, stelle Dich den unangenehmen Gefühlen und gehe Deinen Weg, welcher Deinen eigenen Werten am besten entspricht. Denn in der Verantwortung liegt die Antwort.

Ich wünsche Dir interessante Entdeckungen in Deinem Innenleben, Gelassenheit und gute Entscheide, die für Dich passend und stärkend für Dein weiteres Leben sind!

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